Saatgut ist nicht gleich “Saat gut” 🙂

Saatgut ist nicht gleich “Saat gut” 🙂

So genial die Growbox (Modul 1 unserer Anbaumethode) in den letzten Jahren mein Leben vereinfacht hat und bei Freunden und Außenstehenden den Eindruck erweckte, hier sei ein echter Profi am Werk, war es doch eigentlich nur die halbe Miete. Denn mindestens genauso wichtig sind unsere Kulturen, also unser Saatgut. Zum meinem Glück bin ich so ein verkappter Dokumentations-Fanatiker (ok, eigentlich nur was meinen Garten angeht) und habe schon ein paar Jahre all meine Versuche, Erfolge und Misserfolge mit den unterschiedlichsten Sorten festgehalten und sogar ganze Excel-Tabellen dazu erstellt.

Aller Anfang ist schwer

Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als Kind mit meiner Mutter im Baumarkt oder Gartencenter stand und die bunten Bilder auf den Samenpackungen bestaunte. Neue Züchtungen, Exoten, Raritäten – es gab und gibt sie alle. Ein Blick auf die Rückseite und ich dachte mir: 'Das kann man ja fast das ganze Jahr lang anbauen', und schwupps, ab damit ins Einkaufskörbchen. Leider musste ich dann sehen, dass Melonen, Paprika, Flügelerbsen und Spargel nur selten gediehen. Warum war das so? Nun, viele dieser Kultursorten sind eher was für Gewächshäuser und erfahrene Gärtner. Zudem wird das Saatgut meist überregional oder gar international verkauft. Der Pflanzzeitraum “Mai-August” beinhaltet für Italien logischerweise ganz andere Voraussetzungen als für Kiel (bezüglich Temperatur, Regen, Boden etc.). Meine Mutter war da schon schlauer - sie hat sich immer ein paar Samen von den besten, bei uns funktionierenden Sorten aufgehoben und die wurden immer was.

Irgendwann war klar: Manche Sorten wuchsen wie Unkraut, andere waren empfindliche Mimosen, die kaum Ernte brachten. Es geht also darum, Sorten auszuwählen, die

  1. krankheitsresistent, robust und ertragreich sowie
  2. auf unsere Klimabedingungen angepasst sind,
  3. geschmacklich interessant, aus denen man tolle Gerichte zaubern kann,
  4. selten oder gar nicht im Supermarkt zu bekommen sind (dünger- und pestizidfrei),
  5. gesund sind und viele sekundäre Pflanzenstoffe (z.B. Sulforaphan) enthalten oder andere positive Eigenschaften haben.

Da wir das ganze Jahr über ernten wollen, also auch im Winter, brauchen wir eine breite Vielfalt an Sorten, die zur jeweiligen Jahreszeit ideal wachsen, gute Erträge bringen und unseren Speiseplan mit frischem Grün bereichern. Mit einer Auswahl aus alten und neuen Kulturen ist das möglich – man muss nur wissen, welche wann, wo und wie am Besten funktionieren.

Qualität über Quantität

Ebenso entscheidend ist die Herkunft des Saatguts. Ideal wäre es natürlich, Samen direkt aus den besten Pflanzen im Beet zu gewinnen, aber

  1. du musst ja mal mit etwas anfangen (Henne-Ei-Problem),
  2. das Samen sammeln, beschriften und richtig einlagern ist auch etwas zeitaufwendiger (aktuell geht es ja darum mit wenig Zeiteinsatz optimale Ernte zu erzielen) und
  3. du solltest unerwünschte Einkreuzungen vermeiden (das kann passieren wenn z.B. ein Bienchen zuerst den Raps bestäubt und dann auf meinen Brokkoli steigt - dann kommt bei den Brokkolisamen im nächsten Jahr ggf. eine putzige Mischung heraus, die weder guten Raps, noch einen schönen Brokkoli hergibt).

Eine gute Alternative ist es, Saatgut von verschiedenen Herstellern zu testen. Leider schwankt die Qualität im Markt erheblich - Sortenpflege, Keimfähigkeit und Alter des Saatgutes sind oft unzureichend. Ich hatte auch oft mit Samen zu kämpfen, die einfach nicht aufgehen wollten, die vermutlich zu alt, noch unreif oder anderweitig schadhaft waren. Also probierte ich jedes Jahr viele neue Sorten aus und dokumentierte fleißig, um kontinuierlich meine Saatgut-Vielfalt zu erweitern und das Wissen abzuspeichern.

Theorie goes Praxis - so startest du mit den optimalen Kulturen

Bevor du loslegst und die Gartenabteilung des nächsten Baumarkt plünderst, beantworte dir kurz ein paar einfache Fragen - sie legen das Fundament für deinen Erfolg im Garten. Hier findest du vier Faktoren, die in die Auswahl deines Saatgutes mitbestimmen sollten:

  1. Deine Anbauziele: Überlege dir, was du anbauen möchtest (nur Salat, Kräuter, Sprossen oder schon Gemüse) und in welchem Umfang (z.B. bräuchtest du mehr Salatsamen als Zucchinisamen, denn von Zucchini reichen normalerweise ein paar wenige Pflanzen)?
  2. Deine Geschmacksvorlieben: Berücksichtige, was deine Familie & du gerne isst - manche bevorzugen aromatische Kräuter wie Koriander oder schärfere, asiatische Salate, andere eher klassische Salate mit weniger intensiver Geschmacksnoten.
  3. Deine Erfahrung: Dein bisheriges Wissen und Können beim Gärtnern ist ebenfalls wichtig (für Beginner empfehlen wir, mit Salaten, Kräutern und Sprossen anzufangen und sich nicht gleich auf Honigmelone und Auberginen zu stürzen).
  4. Voraussetzungen im Außenbeet: Für einige Kultursorten ist es essentiell viel, etwas oder weniger Sonne abzubekommen, daher ist der Standort mit den täglichen Sonnenstunden ein wichtiges Kriterium.

Fast jede Woche säe ich mindestens eine Sorte aus, basierend auf den Erfahrungen der letzten Jahre. Mittlerweile habe ich Kultursorten gefunden, die zu wahren Schätzen in meinem Garten geworden sind (z.B. Mizuna, Nero di Toscana, Cerbiatta) und die ich (und meine Familie) sehr gern essen. Vor allem die Kombination aus geschmacksneutralen Salaten und eher scharfen Asia-Salaten dominiert bei mir Teller und Beet. Und was wächst, aber nicht so gern auf dem Teller gesehen wird, lasse ich einfach weg.

 

Zusammenfassung - was ist wichtig bei der Saatgutauswahl, um optimalen Ernteerfolg zu erzielen:

Richtige Kulturenauswahl: Gehe die oben genannten vier Fragen für dich durch und entscheide erstmal von welcher Kultursorte du wie viel ernten (= essen) möchtest:

  • Anbauziele?
  • Geschmacksvorlieben?
  • Erfahrung?
  • Voraussetzungen?

Qualitativ hochwertiges Saatgut: Wir empfehlen das Saatgut von eher kleinen, lokalen Kooperativen oder Gärtnereien zu kaufen, statt in Bau- und Supermärkten. Warum? In a nutshell: Bei großen Saatgutherstellern, die große Ketten beliefern, liegen Erntedatum und Abpackdatum oft weit auseinander. Zudem ist nicht sicher, ob es sich beim Saatgut um Bio-Saatgut handelt. Große Hersteller arbeiten mehr über Pricing und setzen auf gutes Marketing mit schicken, bunten Bildchen. Kleine Saatguthersteller (v.a. lokale) konzentrieren sich meist auf wenige Kultursorten, die dafür sortenrein, getestet, vermehrungsfähig, bio und definitiv frischer sind. Und zudem regional (#supportyourlocaldealer) 💚🙂 Firmen mit denen ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe, sind Dreschflegel, Bingenheimer und Samenbau Nordost Kooperative. Mehr zum Thema Saatgutherstellung kannst du demnächst in unserem Blog lesen.

 

PS.: Bei HappyGo.green bieten wir übrigens ein sogenanntes Complete Care-Modell an. Das ist ein Abosystem, in welchem wir unseren Kunden die 10 Module unserer Anbaumethode erklären, sie mit wöchentlichen Tutorials beim Anbau unterstützen und auch ausgewähltes, getestetes, qualitativ hochwertiges Saatgut verschicken ;-)

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